Ölpest im Golf von Mexiko: BPs leere Versprechen | STERN.de

2022-09-04 14:48:29 By : Ms. Bonny Wen

Manch einem reichen 80 Tage, um die Welt zu bereisen. Der britische Ölkonzern BP schafft es in dieser Zeit nicht einmal, ein Leck am Meeresgrund zu schließen, das er selbst gegraben hat. Immer wieder verspricht das Unternehmen Großes, um im Anschluss groß zu enttäuschen: "Top Hat 10", "Top Cap", "Top Kill" - die Liste der Versuche, das Bohrloch in 1500 Metern Tiefe zu schließen oder den Ölfluss zu unterbinden, ist mittlerweile lang. Doch die meisten der Top-Aktionen entpuppten sich rasch als Flop. Ein Rückblick auf große Versprechen und enttäuschte Hoffnungen.

Erinnern Sie sich noch an "The Dome"? Eine riesige Stahlglocke, die Anfang Mai das unablässig sprudelnde Öl vom Meeresgrund auffangen sollte. Über 80 Prozent des Ölflusses sollte sie stoppen. Die Aufgabe sei zwar "sehr komplex", sagte BP-Manager Doug Suttles zu Beginn der Aktion. Allerdings war er überzeugt, "dass wir die Kuppel zum Funktionieren bringen". Den Ingenieuren gelang es auch, die Glocke über dem Leck zu platzieren. Alles laufe genau nach Plan, meldete ein BP-Sprecher. Die Arbeiten würden "sehr gute Fortschritte" machen. Doch die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Ölpest zerschlugen sich schnell. An der Innenseite der Stahlkuppel bildeten sich Kristalle, die ein Abpumpen des Öls verhinderten. Die Aktion: gescheitert. Das BP-Versprechen: Für den Fall des Scheiterns stünden bereits Ersatzmethoden bereit.

Ein Muster, das sich im Lauf der Katastrophe noch häufiger zeigen sollte: Eine Aktion wird angekündigt, scheint einen Durchbruch zu bringen - und scheitert am Ende dann doch. Zwar zaubert BP immer wieder neue Alternativen aus dem Hut, doch die Liste der missglückten Aktionen ist mittlerweile so lang, dass neben der Geduld auch das Vertrauen in den Konzern verloren gegangen ist. Durchbrüche? Hoffnungsschimmer? Lichtblicke? An die mag mittlerweile keiner so recht mehr glauben.

Auch "Top Kill" sollte einer sein. Mitte Mai kündigte BP die Aktion groß an, die sich anhörte, als würde sie die endgültige Lösung bringen: Mit hohem Druck pumpten Ingenieure Schlamm und Zement in die undichte Stelle in 1500 Metern Tiefe, um so durch den Gegendruck das Öl zu stoppen und die Quelle im Anschluss zu versiegeln. Auch hier verlief laut Ölkonzern - wen wundert's - erst einmal wieder alles nach Plan. Das Manöver wurde unterbrochen, doch die Pausen seien in dem Verfahren vorgesehen, beruhigte BP-Manager Suttles. "Es ist nichts schiefgegangen und es läuft nichts anders als geplant." Videobilder zeigten, dass nur noch brauner Schlamm statt Öl aus dem Bohrloch trat. Ein gutes Zeichen? BP gab sich vorsichtig zuversichtlich, es ströme nur noch wenig Öl und Gas ins Meer, sagte Konzernchef Hayward. Ein paar Tage später musste BP allerdings eingestehen, dass es trotz erster Erfolgsmeldungen nicht gelungen war, das Loch zu schließen. Auch diese Aktion, die als entscheidend im Kampf gegen die Ölpest gewertet worden war, war gescheitert. Doch "verschiedene andere Optionen" stünden bereit, beruhigte BP. Schon mal gehört?

Der nächste Plan: Unterwasserroboter sollen das defekte Steigrohr absägen, damit eine kleine Absaugglocke besser über dem Leck platziert werden kann. Fast schon kurios klingt, was bei dieser Aktion passierte: Eine Hightech-Säge blieb in dem Rohr stecken, der Versuch musste unterbrochen werden. Zwar schafften es die Ingenieure, das Werkzeug nach zwölf Stunden aus seiner misslichen Lage zu befreien, doch eingesetzt wurde es nicht mehr. Die Diamantsägeblätter waren zu stumpf für das Rohr, ein Scherenmesser sollte den Job erledigen. Erst einmal musste der Versuch unterbrochen werden. In der Zwischenzeit sprudelten weiter tausende Tonnen Rohöl ins Meer.

Nach der Panne mit der Schere gelang es BP zwar, die Absaugglocke über das abgesägte Steigrohr zu stülpen, doch diese erwies sich als wenig effektiv im Kampf gegen die Ölpest: Der größte Teil des ausströmenden Öls floss weiterhin ins Meer. Dann rammte auch noch ein Unterwasserroboter die Glocke - ein zweiter kurioser Zwischenfall, der dazu führte, dass die Anlage nicht mehr mit warmem Wasser versorgt wurde. Sie drohte zu vereisen - und musste kurzzeitig entfernt werden.

Den ersehnten Erfolg sollte jetzt ein besser abschließender Stahlzylinder bringen, der am Dienstag über dem Leck platziert wurde. Er könnte das Öl, das aus dem Bohrloch strömt, komplett auffangen, hieß es bei BP. Doch einen Tag nachdem der Zylinder über das Bohrloch gestülpt und wieder einmal Hoffnung aufgekeimt war, wurde die Aktion "Top Hat 10" am Mittwoch unterbrochen. Komplikationen seien aufgetreten, hieß es, ob das Unterfangen ein Erfolg wird oder scheitert, ist noch offen. Dabei hatte sich BP-Manager Kent Wells einige Stunden nach Beginn der Aktion am Sonntag optimistisch geäußert. "Bisher läuft es nach Plan", sagte er. Und auch BP-Manager Suttles zeigte sich zufrieden: "Wir machen weiterhin gute Fortschritte", meinte er. Mit Blick auf die zahlreichen Anläufe zuvor, die überwiegend in einem Fehlschlag endeten, ist das wohl eher ein schlechtes Zeichen.

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